Wissenstransfer & Nachfolge im Mittelstand

Kurzprofil Esther Himmen: Wirtschaftspsychologin, Beraterin, Trainerin und Coach mit Schwerpunkt auf Jobsharing und Joint Leadership. Sie ist Gründerin von JOYntLEADING® und unterstützt Unternehmen dabei, moderne Arbeitsmodelle als Erfolgsfaktor zu etablieren.

Deadline 2030 – geht unsere Unternehmenserfahrung in Rente?

Nicole Noller: Esther, schön, dass du da bist! Lass uns direkt einsteigen: Warum ist aus deiner Sicht der Wissenstransfer gerade für den Mittelstand und den öffentlichen Dienst aktuell so relevant?

Esther Himmen: Hallo Nicole, danke für deine Einladung. Der demografische Wandel stellt beide Bereiche vor massive Herausforderungen. Die Renteneintritte steigen rasant, Know-how-Träger verlassen die Organisationen – aber adäquater Nachwuchs fehlt. Gerade im Mittelstand sehen wir, wie wertvolles Erfahrungswissen verloren geht, weil es nicht rechtzeitig dokumentiert oder weitergegeben wird.

Nicole Noller: Und was kann konkret getan werden, um das aufzufangen?

Esther Himmen: Jobsharing und Joint Leadership bieten hier echte Chancen. Zwei Personen teilen sich eine Rolle – oft generationenübergreifend. Die ältere Fachkraft bringt Wissen, die jüngere Dynamik. So entsteht nicht nur eine Übergabe „on the job“, sondern auch ein agiles Lernsetting. Gerade für kritische Rollen oder Führungsnachfolge ist das extrem wertvoll.

Nicole Noller: Kritiker:innen sagen oft: „Das ist zu komplex für uns.“ Wie entgegnest du dem?

Esther Himmen: Komplexität ist ein Argument und kein Hindernis. Entscheidend ist das richtige Matching, klare Ziele und gute Kommunikation. Und ja, das braucht Begleitung, dann läuft es allerdings flüssig – oft auch flüssiger, als bei Einzelkräften, da sich die Tandempartner:innen bei Urlaub und Krankheit vertreten können. Was ist die Alternative? Fachliche Lücken, teure Vakanzkosten, strategische Blindflächen? Viele Mittelständler sind hier deutlich offener geworden.

Ist Wissenstransfer messbar?

Nicole Noller: Welche KOI sind nutzbar, um Erfolg im Wissenstransfer zu messen?

Esther Himmen: Etwa die „Time to 100%Productivity“ nach einer Tandemübernahme, Zufriedenheitswerte aus 360°-Befragungen oder Fluktuationsraten. Auch die Zahl erfolgreicher Onboardings im Nachfolgeprozess kann Aufschluss geben. Es ist messbar – wenn man es messen will.

Nicole Noller: Welche typischen Stolpersteine begegnen dir?

Esther Himmen: Eine Seite sind strukturelle. Keine Tandem-freundliche IT, zu rigide Stellenprofile. Das Modell verlangt Vertrauen, Mut zur Offenheit und echtes Leadership-Verständnis. Außerdem: Matchen will gelernt sein.

Entscheidend für den Erfolg ist die gezielte Auswahl von Tandempartnern, die fachlich und auch menschlich zueinander passen. Unternehmen, die an dieser Stelle im Prozess investieren, schaffen stabile Tandems mit klaren Rollen, abgestimmter Kommunikation und hoher Wirksamkeit.

Was ist der Preis?

Nicole Noller: Welche Rolle spielen Kostenaspekte in diesem Zusammenhang?

Esther Himmen: Eine zentrale. Vakanzkosten – also jene, die durch unbesetzte oder fehlbesetzte Stellen entstehen – liegen im Schnitt bei 50–60 % des Jahresgehalts und können in Spitzenfunktionen bis zu 200 % betragen. Durch Jobsharing lässt sich dieser Zeitraum deutlich verkürzen, weil der Talentpool größer wird und die Nachbesetzung schneller erfolgen kann. Grundsätzlich muss das Maß an Überschneidung natürlich zum Komplexitätsgrad der Stelle (z. B. Führungsspanne, Umfang und Komplexität der Aufgaben, etc.) passen. Wie der überschneidende Zeitraum von dem Tandem zu gestalten ist, ist sensibel abzustimmen und gut zu definieren. Zudem: Statt die eine Person zu suchen, die alle Talente mitbringen soll, können zwei Personen mit unterschiedlichen Erfahrungen und sich ergänzenden Kompetenzen die Anforderungen gemeinsam abdecken. Das erhöht die Qualität der Besetzung und reduziert langfristig auch Fluktuationskosten.

In den aktuell wirtschaftlich angespannten Zeiten kann das Modell vielseitig helfen – etwa indem man durch freiwillige Teilzeitregelungen Entlassungen vermeidet. Jobsharing kann so als strategisches Instrument für wirtschaftliche Resilienz wirken.

Nicole Noller: Was ist dein wichtigster Impuls an Entscheider:innen in Mittelstand und öffentlichem Dienst?

Esther Himmen: Nutzt die Zeit vor Renteneintritten für gezielte Tandemphasen. Holt Mitarbeitende früher ins Boot, gebt Raum für Wissensdialoge – und vor allem: Macht Wissensteilung zu einem strategischen Ziel. Es zahlt sich mehrfach aus.

Nicole Noller: Vielen Dank, Esther, für deine Zeit und Impulse!

Fazit: Wissenstransfer als strategische Handlungsoption

Wissenstransfer ist ein strategisches Thema – gerade im Mittelstand. Tandemmodelle bieten die Chance, Schlüsselpositionen nachhaltig zu besetzen, die Kultur zu stärken und Innovation und Resilienz zu fördern. Ziel ist das zu sichern, was am schwersten zu ersetzen ist: Erfahrung.

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